1890 – vor 120 Jahren – gewann der damalige Stararchitekt Friedrich von Thiersch (1852-1921) einen viel beachteten Planungswettbewerb in München. Ausgeschrieben hatten ihn zwei bedeutende Wirtschaftsorganisationen: die Münchner Börse und die IHK für München und Oberbayern. Sie wollten sich am Maximiliansplatz auf dem Grundstück des ehemaligen Hotel-Restaurants Achatz ein eigenes „Haus für Handel und Gewerbe“ errichten lassen.
Nach rund eineinhalbjähriger Bauzeit konnten IHK und Börse im April 1901 ihr neues Domizil beziehen. Das Erdgeschoss war dem eleganten Café-Restaurant „Neue Börse“ vorbehalten. Im ersten Stock befanden sich der Börsensaal und die Räumlichkeiten des Münchener Handelsvereins, dem Träger der Börse. Die IHK residierte im zweiten Stock, wo sie auch ihren Kammersaal hatte. Der dritte Stock war an den „Kaufmännischen Verein von 1873“ vermietet, der seinen Mitgliedern vielfältige Weiterbildungsmaßnahmen bot und eine erfolgreiche Stellenvermittlung unterhielt. Im vierten Stock betrieben die Schwestern Liesecke einige Jahre lang eine „feinere Pension“.
Zehn Jahre nach der Eröffnung des Hauses für Handel und Gewerbe entstand 1911 auf dem Nachbargrundstück an der Max-Joseph-Straße das prächtige Wohn- und Geschäftshaus des jüdischen Antiquitätenhändlers A. S. Drey nach den Plänen des renommierten Münchner Architekten Gabriel von Seidl (1848-1913). 1935 verkaufte die Familie Drey dieses Gebäude für mehr als eine Million Reichsmark an die IHK.
Zu den ersten Besuchern des „Hauses für Handel und Gewerbe“ gehörte Prinzregent Luitpold. Bei seiner Besichtigungstour sprach er sich über „die äußerst prächtige sowie künstlerisch vornehme Einrichtung sämtlicher Räume sehr anerkennend aus“. Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv haben sich zahlreiche Zeugnisse zu diesem wertvollen Baudenkmal erhalten.
Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs