"Firmen feiern. Betriebliche Festkultur im Wandel"

Starke Biere und starke Männer

 

Nach dem ausgelassenen Faschingstreiben beginnt von Aschermittwoch bis Ostern die Fastenzeit. Rund vier Wochen lang ist Gelegenheit für Verzicht und innere Einkehr. Jedes Jahr pilgern in dieser Zeit Besucherscharen auf den Münchner Nockherberg, wo über gute drei Wochen hinweg der „Salvator“ als hochprozentiges Starkbier in Strömen fließt. Ursprünglich schenkten die Paulaner-Mönche das starke Eigengebräu aus, getreu der Klosterregel „Was flüssig ist, bricht keine Fasten.“

1813 kaufte der Bräu Franz Xaver Zacherl nach siebenjähriger Pacht die Klosterbraustätte. Bis 1846 fand der Ausschank in der Brauerei selbst statt, danach im Neudecker Garten und seit 1861 auf dem Nockherberg. Frühzeitig traten Gstanzl-Sänger und Volksschauspieler auf, um den Bierabsatz anzukurbeln. Der Unterhaltungskünstler Jakob „Papa“ Geis hielt 1891 die erste Salvatorrede. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1950 diese Tradition wiederbelebt. Auch bei anderen Brauereien haben die starken Biere im Frühjahr Saison. Traditionell findet im Löwenbräukeller ein Starkbierfest statt, bei dem ein Wettbewerb unter starken Männern nach dem Vorbild des „bayerischen Herkules“ ausgetragen wird. 508 Pfund wiegt der Stein, den der legendäre, 1848 geborene Steyrer Hans, seines Zeichens gelernter Metzger und Gastwirt, mit dem rechten Mittelfinger gehoben haben soll.

Die sogenannte „fünfte Jahreszeit“ ist in den Beständen unseres Archivs bestens dokumentiert. Nach dem großen Erfolg des Salvatorbieres brauten auch andere Münchner Brauereien unter diesem Namen. 1896 setzte die Paulanerbrauerei in einem Rechtsstreit durch, dass sie als einzige den Begriff „Salvator“ verwenden darf.

Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs