„Furchtbar ernst ist die Zeit“: Revolution und Räterepublik in Bayern‎

 

„Erschütterung, Entsetzen und Widerwillen gegen das Ganze“, notierte Thomas Mann, als er telefonisch die Nachricht von der Ermordung Kurt Eisners erhielt. Am 21. Februar 1919 erschoss der Leutnant Anton Graf von Arco-Valley den Ministerpräsidenten auf dem Weg zum Bayerischen Landtag, der damals seinen Sitz im Montgelas-Palais hatte. Eigentlich wollte Eisner an diesem Vormittag seinen Rücktritt verkünden.

Seine Partei, die Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD), hatten bei den Wahlen vier Wochen zuvor eine vernichtende Niederlage erlitten. Dabei hatte der gebürtige Berliner Eisner am 7. November 1918 erfolgreich die bayerische Republik ausgerufen. Der letzte Wittelsbacher König Ludwig III. musste fliehen und entband Beamte, Soldaten und Offiziere vom Treueid.

Die bayerischen Industrie- und Handelskammern erklärten damals ihre grundsätzliche Bereit­schaft, in allen Fragen der Übergangswirtschaft und der Demobilmachung der Truppen mit der neuen Regierung eng zusammenzuarbeiten. Als nach der Ermordung Eisners die von „utopistischen Idealisten, bayerischen Partikularisten und humanitären Anarchisten“ geprägte Räteregierung an die Macht kam, wehrten sich die Kammern vehement gegen die angekündigten Sozialisierungspläne. Das Schlagwort „Planwirtschaft gleich Wahnwirtschaft“ machte die Runde. In geheimen Zusammenkünften diskutierten die Kammermitglieder darüber, ob sie mit einer Kundgebung an die Öffentlichkeit gehen oder besser abwarten sollten, bis das Rätesystem abgewirtschaftet hätte. Am 1. Mai 1919 besetzten Regierungstruppen die bayerische Hauptstadt und bereiteten der Räterepublik ein Ende.

Nach der Ausrufung der Räterepublik Anfang April 1919 stürzte Bayern in eine Zeit politischer Wirren. Der Münchner IHK-Präsident Josef Pschorr musste vor den Revolutionären flüchten. Auch in den Beständen des Wirtschaftsarchivs haben die Monate unter der Regierung Eisner und der nachfolgenden Räteherrschaft ihren Niederschlag gefunden. Ein Zeichen dafür, wie verunsichert Unternehmer und Wirtschaft damals waren.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs